12.-28. September 2013, Kulturzentrum KUZ Mainz
DIE KOMMENDE GEMEINSCHAFT
Theater, Musik-Theater, Tanz-Theater, Puppen-Theater, Performance, Lesung und ein inklusives Fest für Kinder, Ausstellungsprojekte und Künstlervorträge, Festivaleigenproduktionen und Konzerte – auch in seiner 15. Ausgabe sprengt das Festival „Grenzenlos Kultur“ wieder alle Genre-Grenzen. Als dienstältestes integratives Theaterfestival im deutschsprachigen Raum nähert es sich dem diesjährigen Kultursommer-Motto „Eurovisionen“ im Zeichen der Inklusion und versammelt diesbezügliche Visionen für die „kommende Gemeinschaft“. Das Spektrum reicht vom Schreckensszenarium bis zur klassischen Utopie, von Not- und Schicksalsgemeinschaften über Künstler-Paare und Kunst-Kollektive bis zum fröhlichen Nebeneinander selbstbewusster Einzelgänger/innen. Und hinter all diesen Entwürfen stehen immer neu Fragen nach den Bedingungen, die unser gegenwärtiges und zukünftiges Zusammenleben bestimmen, und wer oder was wen oder was wann ausschließt oder einbezieht.
Eröffnet wird das Festival mit der brandneuen Theaterproduktion des Bremer Blaumeier Ateliers, das schon 1997 beim ersten Grenzenlos-Festival wahre Beifallsstürme auslöste. Mit „Orpheus und Eurydike“ erobern sie für uns mit quicklebendiger Live-Musik, großen Gefühlen und starken Gestalten voll ungebremster Lebenskraft den Hades der griechischen Mythologie – sozusagen die letzte aller Gemeinschaften. Die Puppenspieler/innen von Das Helmi nehmen uns mit in eine Gesellschaft, in der Affen die Macht übernommen haben, und Rufus Beck berichtet in seiner Erich-Kästner-Lesung von einer „Konferenz der Tiere“ zur Rettung der Menschheit. Das Mezzanin-Theater aus Graz erzählt in seinem Tanztheaterstück für Kinder ab 6 Jahren, wie aus einer Krankenhaus-Zwangsgemeinschaft die Freundschaft zwei sehr unterschiedlicher Individuen erwächst, und die Performer/innen von Monster Truck und Theater Thikwa befragen in ihrer vieldiskutierten Arbeit „Dschingis Khan“ das gesellschaftliche Verhältnis zum so genannten „Anderen“. In immer neuen Wiederholungen deutet der Schweizer Kult-Regisseur Massimo Furlan in „10xThe Eternal“ Gruppenbilder an, die zu konkreten oder auch archetypischen Beziehungsgeschichten führen könnten, während sich Theater RambaZamba in „Jahreszeiten“ mit dem Leben als Metamorphose und in seiner Vergänglichkeit befasst.
Mit der Eigenproduktion „Zusammenarbeit“ geht Grenzenlos Kultur nicht nur lustvoll ins Risiko, sondern beschreitet auch künstlerisch neue Wege auf der Suche nach einer kommenden Gemeinschaft. 12 behinderte und nicht behinderte Künstler/innen aus den Randbereichen der Darstellenden Kunst kommen dafür für eine knappe Woche in Mainz zusammen. Frei nach dem Motto „Keiner hilft keinem“ tun sie sich paarweise zusammen, lernen sich kennen und suchen nach einer möglichen Form der Zusammenarbeit. Was sie dabei herausfinden werden, zeigen sie an zwei aufeinander folgenden Abenden in jeweils drei 30-minütigen Präsentationen.
Als Künstlerinnen-Kollektiv leben die Musikerinnen von Les Reines Prochaines, „die künftigen Königinnen“, aus Basel seit inzwischen über 20 Jahren ein befreiendes Gegenmodell zur patriarchal-autoritätsfixierten Ego-Gesellschaft. Selig-Sänger Jan Plewka beschäftigt sich mit dem 60er-Jahre-Männerduo Simon & Garfunkel, und bei „Democratic Disco“ am letzten Festivalabend ist schlußendlich Bürgerbeteiligung am DJ-Pult angesagt.
Einen anderen, durch und durch optimistischen Vorgeschmack auf die „kommende Gemeinschaft“ gibt „Kraut & Rüben“, das erste inklusive Kinder-Kultur-Fest in Mainz. Einen Sonntagnachmittag lang wird das KUZ hierbei zum Schauplatz gelebter Inklusion mit Puppen-Theater, Mitmach-Zirkus, Kurzfilm-Kino, Rolli-Parcours, Sinnes-Werkstatt und Rockmusik für Kinder.
Das alles und noch viel mehr gilt es bei „Grenzenlos Kultur vol. 15“ zu entdecken. Vor und nach all diesen Aufführungen gibt es die Möglichkeit des Verweilens – im togoischen Kunst-Café im Hof des KUZ, Kochkurs inklusive. Herzlich willkommen!